Diese Premiere macht Lust auf mehr: Beim ersten „Altstadtfest-Siebener“ der noch jungen Rugbyabteilung des 1. FC Hersbruck haben neun Herren- und Mädchenteams 1a-Werbung für ihren hierzulande noch eher wenig bekannten Sport gemacht - auch wenn der Zuschauerzuspruch etwas zu wünschen übrig ließ.
Fans von harten Tackles, dynamischen Durchbrüchen, Gassen und Gedrängen kamen den ganzen Tag über voll auf ihre Kosten. Denn die „kleine“, seit 2016 olympische, Spielart des Rugby gehorcht weitestgehend den selben klaren und vom Schiedsrichter konsequent durchgesetzten Regeln wie das „Original“ mit 15 Akteuren - besticht allerdings durch technisch anspruchsvolles Kombinationsspiel, deutlich höheres Tempo und viel mehr Punkte.
1883 von Ned Haig, einem Metzger aus der schottischen Stadt Melrose, als „Geldbeschaffungsmaßnahme“ für den örtlichen Rugby-Union-Verein erdacht, ist „Siebener-Rugby“ die ideale Form für Turniere. Die Spiele dauern nur zweimal sieben Minuten (statt zweimal 40) und legen wegen der verringerten Spieleranzahl bei gleicher Platzgröße die Vorteile deutlich in die Hände der jeweils angreifenden Mannschaft .
Die grundlegende Idee des Spiels bleibt dabei die gleiche: Ziel ist, den ovalen, gut 30 Zentimeter langen Ball im gegnerischen Malfeld abzulegen (Versuch) oder ihn bei einem Straftritt durch die beiden 5,60 Meter auseinander stehenden Malstangen zu kicken. Letzteres wird mit 3 Punkten belohnt, der Versuch (englisch: try) mit 5 sowie der Möglichkeit, per erfolgreichem Drop-Kick 2 weitere Punkte (conversion) auf die Anzeigetafel zu bringen.
Der Ball selbst muss von einem Spieler getragen oder nach hinten zu einem Mannschaftskollegen gepasst werden. Einzige Ausnahme: Der Ballträger kickt den Ball durch die Abwehrreihen und rennt hinterher, allerdings darf dann nur er das „Ei“ als nächster berühren. Um den gegnerischen Angriff zu stoppen, muss die verteidigende Mannschaft den Ballträger – und nur ihn – mit einem „Tackle“, dem Umklammern und Halten unterhalb der Schulterlinie, aufhalten oder zu Boden bringen. Gelingt das, muss der Gegner den Ball sofort loslassen und so für einen Mitspieler freigeben. Für die Verteidiger vor allem im „Siebener“ eine gute Gelegenheit, den Ball zu „klauen“ – allerdings dürfen sie dazu nur genau von vorne in das sogenannte „offene Gedränge“ eingreifen.
Stellt der Schiedsrichter, der das Spiel im Idealfall kommentiert und den Akteuren dabei stets wichtige Hinweise und Erklärungen gibt, Verstöße gegen diese – oder eine Reihe anderer Regeln – fest, entscheidet er je nach Schwere des Vergehens auf Straftritt oder Gedränge.
Bei dieser, auch Rugby-Laien durchaus vertrauten, Aktion (englisch: scrum) binden sich im „Siebener“ drei - statt der sonst üblichen acht - Spieler jeder Mannschaft aneinander und versuchen, sobald der Ball von der „gefoulten“ Seite in die Mitte des Gedränges gelegt wurde, einander mit aller Kraft nach hinten zu drängen, um an das Spielgerät zu kommen.
Wenig überraschend kamen mit diesen Vorgaben vor allem die Spieler des RK Heusenstamm am besten zurecht. Die Truppe aus der südlich von Offenbach gelegenen Kleinstadt, bei der letzten deutschen Siebener-Meisterschaft immerhin Vierte, nutzte das Einladungsturnier beim „Club“ als Saisonauftakt und ließ in ihren zwei Spielen im Pool B - die Bayerwald-SG aus Zwiesel hatte kurzfristig abgesagt - immer wieder ihre Klasse aufblitzen. Nach den ungefährdeten Siegen gegen den TV Erlangen (26:5) und die „athletischen Allstars“ (33:24) dominierten sie auch das Finale gegen den TuS Fürstenfeldbruck und holten sich mit einem 29:7 hochverdient den Siegerpokal.
Die „Allstars“ kamen auf Zuruf von Alexander Michl, dem Vorsitzenden des Vereins zur Förderung des Rugbysports im Nürnberger Land und Leiter der entsprechenden Abteilungen beim TV Lauf und 1. FC Hersbruck, in die Cittaslow und rekrutierten sich aus „Jungs, die ich mal trainiert habe oder seit vielen Jahren kenne und die mir freundschaftlich verbunden sind“, wie Michl verriet.
Mit ihrem 29:7 gegen Erlangen buchten die ehemaligen Erst- und Zweitligaspieler oder Juniorennationalspieler den Platz im „kleinen Finale“, das sie dann gegen den TV Weilheim nach einem Offensivfeuerwerk mit 48:14 auch souverän gewannen.
Das zweite Michl-Team, die „Dragons“ der heimischen Spielgemeinschaft aus 1. FC Hersbruck und TV Lauf, trat im Pool A an. Nach der 7:22-Auftaktniederlage gegen den TuS Fürstenfeldbruck schlugen sie ihre bisherigen SG-Partner von der TS Bayreuth mit 24:12. In einer der spannendsten Partien des Tages unterlagen sie dann aber Weilheim unglücklich mit 17:21, verpassten so den Einzug ins „kleine Finale“ und mussten sich schließlich im Spiel um Platz fünf dem TV Erlangen - im Oktober immerhin Dritter der bayerischen 7er-Meisterschaft - mit 12:36 geschlagen geben.
Und auch die dritte Mannschaft, die „Mr. Rugby“ Alexander Michl an diesem Tag aufs Spielfeld schickte, hinterließ einen sehr guten Eindruck: die „Dragonettes“, rugby-begeisterte Mädchen zwischen 13 und 17 Jahren aus Hersbruck und Lauf. Sie bekamen es gleich viermal mit der U18-Bayernauswahl zu tun, die nur zu viert angereist war und deshalb mit (erwachsenen) Rugbyfrauen aus dem Tross des TuS Fürstenfeldbruck ergänzt wurde.
Trotz der offensichtlichen körperlichen Unterlegenheit hielten die „Dragonettes“ um Hannah Schrüfer - deren Mutter Sabine von der Dachdeckerei Dressely nicht nur ein Zelt als Sonnenschutz für die Aktiven sponserte, sondern das Team auch sonst tatkräftig an der Seitenlinie unterstützt - in ihren an Wespen erinnernden gelb-schwarzen Trikots prima mit. Nach zwei höchst unglücklichen Niederlagen (17:20 und 19:20) gewannen sie das dritte Spiel mit 17:12. Im letzten Aufeinandertreffen mussten sie dann dem ziemlich kraftraubenden „Siebener“-Spiel und dem ein oder anderen verletzungsbedingten Ausfall Tribut zollen und kassierten eine deutliche Niederlage.
Der guten Laune von Alexander Michl tat das nach einem durch und durch gelungenen Turniertag aber keinen Abbruch - ganz im Gegenteil: „Eines steht für mich fest: Den Altstadt-Siebener gibt es ab sofort jedes Jahr“, sagte er mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Dann hoffentlich mit mehr Fans am Spielfeldrand.